HDR für TV und Heimkino – Grundlegende Begriffe

Nachdem 4K bzw. Ultra HDR die relevanten Schlagworte der letzten Jahre waren, wenn es um die aktuellste TV- und Projektionstechnik, die neusten Angebote der Streaming-Dienste oder die lange vorbereitete Einführung des Blu-ray Nachfolgers ging, etablierte sich in den vergangenen Monaten bereits die nächste griffige Abkürzung, hinter der sich gleich eine ganze Reihe technischer Veränderungen verbergen: HDR. Wie üblich war die Informationslage zunächst dürftig und es dauerte eine Weile bis sich feste Standards etablierten, inzwischen steht einem umfassenden Überblick zum Thema jedoch nichts mehr im Weg.

SMPTE ST2084

Wie gesagt umfasst der Begriff HDR mehrere technologische Neuerungen, die erst gemeinsam die Darstellung des Bildes mit erweitertem Dynamikumfang ergeben. Im Folgenden schauen wir uns die verschiedenen Elemente Schritt für Schritt an und richten unser Augenmerk als Erstes auf eine fundamentale Veränderung des Umwandlungsprozesses, der das Videosignal in Licht und damit letztlich in das sichtbare Bild transformiert. Während die für diesen Zweck verwendeten sogenannten Transferfunktionen (EOTF – electro-optical transfer function) bis dato von den Ursprüngen der Fernsehtechnologie, also den Eigenschaften der guten alten Bildröhre abgeleitet wurden, existieren nun erstmals Funktionen, die speziell auf die aktuelle sowie künftige Displaytechnologien zugeschnitten wurden. Für unseren Zusammenhang ist hier insbesondere die von Dolby entwickelte Perceptual Quantizer (PQ) erwähnenswert, da sie die Grundlage für einen Standard bildet, der immer wieder im Zusammenhang mit dem Thema HDR auftaucht: SMPTE ST2084. Dieser gewährleistet in Zukunft eine effiziente und qualitativ hochwertige Übertragung von HDR-Bilddaten mit wesentlich mehr Helligkeits- und Farbinformationen und wir werden uns nun genauer ansehen, was es mit diesen beiden Kernaspekten von HDR – Helligkeit und Farbe – eigentlich auf sich hat.

Helligkeit und Farbtiefe

Displays sind heute in der Lage eine wesentlich größere maximale Helligkeit und somit einen insgesamt stark erweiterten Helligkeitsumfang darzustellen. Ausgedrückt wird die Helligkeit in der Einheit der Leuchtdichte (cd/m2), die oft durch die griffigere Abkürzung „Nit“ ersetzt wird. Werfen wir einen Blick auf aktuelle (HDR-)Displays, so liegt die minimale Leuchtdichte nahe 0 Nit, während auf der anderen Seite Spitzenwerte von bis zu 1000 Nit erreicht werden. Ganz konkretere Anhaltspunkte liefert etwa das Ultra HD Premium Zertifikat der Ultra HD Alliance, das für HDR-Panels einen Helligkeitsbereich zwischen mindestens 0,05 und 1000 Nit (LED TVs) bzw. 0,0005 Nit und 540 Nit (für OLED TVs gelten technologiebedingt andere Standards) festlegt. Die in SMPTE ST2084 festgeschriebene Transferfunktion geht sogar weit über diese Werte hinaus und berücksichtigt potenziell auch Displays mit einem Helligkeitsumfang zwischen 0 und 10.000 Nit. Daraus ergeben sich weitere Konsequenzen für die Verarbeitung der Bildinformationen: Um derart große Helligkeitsbereiche ohne sichtbare Artefakte wiedergeben zu können, ist es absolut unerlässlich sehr feine Helligkeitsunterschiede bzw. -abstufungen darstellen zu können. Hier kommt ein weiterer wichtiger Faktor ins Spiel, der für die Übertragung und Wiedergabe von HDR-Bildern relevant ist und häufig genannt wird. Es handelt sich um die Farbtiefe oder Bittiefe.

Die Farbtiefe steht genau für die Anzahl der gerade erwähnten darstellbaren Helligkeitsabstufungen. Da Bildschirme in der Vergangenheit einen vergleichsweise beschränkten Helligkeitsumfang besaßen, reichte eine Farbtiefe von 8 Bit pro Farbkanal – d. h. jeweils 256 Abstufungen bei der Darstellung der drei Grundfarben – aus, um dem menschlichen Auge ein artefaktfreies Bild mit fließenden Übergängen zu suggerieren. Damit dieser Eindruck bei HDR-Bilder mit potenziell 10.000 Nit Maximalhelligkeit ebenfalls erzeugt werden kann, bedarf es wesentlich mehr Helligkeitsabstufungen und dementsprechend einer größeren Farbtiefe. Aktuell stehen hier vor allem zwei Werte im Raum: Da wäre zunächst der mit 10 Bit (1024 Abstufungen pro Farbkanal) arbeitende HDR-10 Standard, der bei allen bisherigen Ultra HD Blu-ray Veröffentlichungen zum Einsatz kommt, offiziell von der Ultra HD Alliance unterstützt wird und folgerichtig auch fester Bestandteil des Ultra HD Premium Zertifikates ist. Alternativ existiert der 12 Bit Standard Dolby Vision (4096 Abstufungen pro Farbkanal), bei dem es sich um eine Eigenentwicklung der Dolby Laboratories handelt. Trotz dieses offensichtlichen Unterschiedes sowie jeweils eigener Ansätze bei der Verarbeitung der Metadaten für die HDR-Wiedergabe, teilen beide Varianten eine gemeinsame Grundlage. Sie basieren im Wesentlichen auf dem SMPTE ST2084 Standard.

Ob sich am Ende eine Variante als die bessere herausstellt bzw. klar durchsetzt, ist derzeit noch nicht abzusehen. Sicher ist allerdings, dass Dolby Vision in Zukunft noch breitere Unterstützung erfahren wird. Diverse Hollywood Studios haben Kooperationswillen signalisiert, Netflix arbeitet bereits mit beiden HDR-Formaten und Amazon Video will demnächst nachziehen. Auch Ultra HD Blu-ray Veröffentlichungen, die sowohl HDR-10 als auch Dolby Vision unterstützen, sind für die Zukunft durchaus denkbar.

ITU-R-Empfehlung BT.2020 / Rec.2020 und DCI-P3

Da wir inzwischen beim Thema „Farben“ angekommen sind, bietet es sich an als Nächstes ein paar Worte zu BT.2020 bzw. Rec.2020 zu verlieren. Regelmäßig tauchen die synonymen Begriffe auf, wenn es um den Farbraum der neuen HDR-Bilder geht und tatsächlich ist ein erweiterter Farbraum fester Bestandteil der ITU-R-Empfehlung BT.2020 (ITU steht für Internationale Fernmeldeunion). Dieser ist im Gegensatz zum bisherigen Standard-Farbraum aus BT.709 massiv erweitert und deckt nicht mehr 35,9%, sondern beeindruckende 75,8% des für den Menschen wahrnehmbaren Farbspektrums ab. Darüber hinaus behandelt BT.2020 aber auch noch eine ganze Reihe weiterer Aspekte von der UHD-Auflösung über die Bildwiederholrate bis hin zur Bitrate und schließt sogar den Bereich Audio – Stichwort Mehrkanalwiedergabe – mit ein. Insofern ist es wichtig noch einmal darauf hinzuweisen, dass es sich bei BT.2020 lediglich um eine Art Richtlinie für weitere Entwicklung handelt, die sich praktisch in mehreren Stufen vollzieht. Erst in den kommenden Jahren werden also (voraussichtlich) sämtliche Elemente nach und nach umgesetzt, dazu gehört etwa die finale 8K-Auflösung, aber auch die vollumfängliche Unterstützung des BT.2020 Farbraums.

Da die technische Entwicklung hier schlicht noch nicht so weit ist, werden wir uns bis dahin mit Zwischenetappen zufrieden geben müssen. Im Hinblick auf den Farbraum heißt die Lösung derzeit DCI-P3, eine weitere Farbraum-Spezifikation, die aus der US-amerikanischen Filmindustrie stammt und für digitale Filmprojektoren entwickelt wurde. Diese deckt immerhin 45,5 % des für den Menschen wahrnehmbaren Farbspektrums ab und positioniert sich damit zwischen dem BT.709- und BT.2020-Farbraum. Obwohl also BT.2020 die Richtung vorgibt, ist die aktuelle Maßgabe für Wiedergabegeräte laut Ultra HD Premium Zertifizierung die Darstellbarkeit von mindestens 90% des DCI-P3 Farbraums.

Wide Color Gamut (WCG)

Eng verbunden mit dieser Thematik ist wiederum der Begriff „Wide Color Gamut“, der sich in der Regel direkt auf die Displays und insbesondere deren Beleuchtungstechnologie bezieht. Im Grunde geht es darum, dass sowohl die LED-Hintergrundbeleuchtung als auch die selbstleuchtenden OLEDs im Detail durchaus Unterschiede aufweist. So werden LEDs beispielsweise mit Phosphor oder alternativ mit sogenannten Nano-Partikeln beschichtet und bei OLEDs existieren ebenfalls verschiedene Bauprinzipien. Daraus ergeben sich wiederum direkte Konsequenzen für Fähigkeit eines Displays Inhalte mit erweiterten Farbinformationen adäquat wiedergeben zu können. Die Bezeichnung für die jeweiligen Technologien, die das „Wide Color Gamut“ ermöglichen, variieren natürlich von Hersteller zu Hersteller und entwickeln sich weiter, aktuell heißen sie beispielsweise:

Samsung – Quantum Dot
Sony – Triluminos
Panasonic – Wide Color Phosphor
LG – Perfect Color

Fazit

Damit wären wir am Ende unseres Überblicks zu den wichtigsten Begriffen rund um das Thema HDR angekommen. Da im Zuge der Einführung und Weiterentwicklung von HDR im Hintergrund an mehreren technologischen Stellschrauben gedreht wurde und auch in Zukunft weiter gedreht wird, handelt es sich um ein gleichermaßen komplexes aber auch faszinierendes Feld. Bereits die erste Generation von HDR-Bildern weiß definitiv zu begeistern und lässt erahnen, dass uns noch das eine oder andere Aha-Erlebnis ins Haus stehen wird, bis die BT.2020 Empfehlung in Gänze umsetzt sein wird.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge
Aktion: Lautsprecher Inzahlungnahme
Unsere HiFi-Studios 2016 – Teil 2