3D-Sound im Überblick: Auro 3D, Dolby Atmos und DTS:X

Während Dolby und Auro Technologies bereits seit einigen Monaten die Werbetrommel für ihre neuen 3D-Sound-Technologien Atmos und Auro 3D rühren, hielten sich die Surround-Spezialisten von DTS bisher auffallend bedeckt. Inoffiziell geisterte zwar seit geraumer Zeit der Name DTS-UHD durch das Netz, aber von offizieller Seite gab es bislang keine Informationen. Im Rahmen der diesjährigen CES 2015 wurde dann schließlich, von ersten Demo-Vorführungen begleitet, das hauseigene Konzept DTS:X vorgestellt und die Markteinführung für März 2015 angekündigt. Damit konkurrieren zukünftig gleich drei 3D-Sound Systeme um die Vorherrschaft auf dem lukrativen Heimkino-Markt. Wo liegen die Unterschiede? Sind die Formate zueinander kompatibel? Und sind drei Systeme nicht zwei zu viel? Wir fassen zusammen.

Kanalbasiert und objektbasiert

Das zugrunde liegende Prinzip ist bei allen drei Technologien dasselbe: Mithilfe spezieller Produktionsverfahren auf der einen Seite und einer entsprechenden Dekodierung sowie zusätzlicher Lautsprecher bei der Wiedergabe, lassen sich Elemente des Soundtracks nun nicht mehr nur in der Ebene anordnen, sondern relativ präzise innerhalb einer den Zuschauer einhüllenden Kuppel positionieren und sogar bewegen. Daraus resultiert eine noch bessere Vereinnahmung des Zuschauers für das Geschehen auf der Leinwand (engl. „immersive sound“), das Mittendrin-Gefühl wird noch ausgeprägter. Da jedoch bekanntermaßen viele Wege nach Rom führen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Entwickler der Formate zur Erreichung dieses Ziels jeweils eigene Ansätze verfolgen. Diese werden vielfach anhand der Begriffe „kanalbasiert“ und „objektbasiert“ unterschieden, obwohl die Übergänge in der Praxis fließend sind. Für ein besseres Verständnis der Thematik lohnt es sich die Begriffe einmal aufzuschlüsseln.

Bei einer rein kanalbasierten Mischung werden sämtliche Dialoge, Soundeffekte und die Filmmusik fest für eine bestimmte Anzahl von Kanälen – zum Beispiel klassisch in 5.1 – gemischt. Alle Stimmen werden dann beispielsweise im Center positioniert, das Orchester im normalen Stereobild verteilt und bestimmte Elemente den hinteren Surroundkanälen zugewiesen. Zwar bieten AV-Receiver schon lange die Möglichkeit solche Mischungen auch auf andere Lautsprecher-Setups umzurechnen, allerdings werden hier lediglich bestimmte Signalanteile aus der ursprünglichen Mischung herausgenommen und auf die zusätzlichen Lautsprecher verteilt. Originäre Informationen für jeden einzelnen Kanal liegen in diesem Fall nicht vor. Diese Logik wird bei einer rein objektbasierten Mischung aufgebrochen. Einzelnen Klängen, den sogenannten Audio-Objekten, werden dabei statt bestimmter Kanalzugehörigkeiten nur Positions- beziehungsweise Bewegungsanweisungen in Form von Metadaten zugeordnet, die im Grunde unabhängig von einem bestimmten Lautsprecher-Arrangement sind. Bei der Wiedergabe werden diese Metadaten dann in Echtzeit dekodiert und es obliegt dem AV-Receiver die Klänge auf dem tatsächlich vorhandenen Lautsprecher-Setup bestmöglich darzustellen.

Dolby betont bei der Vermarktung seines Formats insbesondere das Potenzial der Audio-Objekte, Auro Technologies hingegen weisen in Abgrenzung dazu gerne auf die Vorteile ihres kanalbasierten Ansatzes hin. Letztendlich handelt es sich jedoch in beiden Fällen um hybride Verfahren. Während Auro 3D also grundsätzlich auch den Einsatz von Audio-Objekten unterstützt, basieren Dolby Atmos Mischungen immer auf einem kanalbasierten Fundament (engl. „bed“), das szenenabhängig mit Audio-Objekten angereichert wird. Das Prinzip der kanalbasierten Mischung vollkommen über Bord zu werfen wäre auch gleich aus mehreren Gründen wenig sinnvoll. Einerseits eignet sich nicht jeder Klang – man denke an breite, eher diffuse und atmosphärische Sounds – für den Einsatz als Audio-Objekt, anderseits ist es zum Beispiel bei einzelnen Instrumenten eines Soundtracks gar nicht geboten, diese als Audio-Objekte zur Verfügung zu stellen und dann durch den Raum zu bewegen. Solche Elemente bilden viel mehr den klanglichen Rahmen in dem dann einzelne dynamische Audio-Objekte gezielt eingesetzt werden und wirken können. Von der Sinnfrage einmal abgesehen ist auch die technische Umsetzbarkeit einer rein objektbasierten Filmton-Mischung in Anbetracht der Menge der zu verarbeitenden Daten fraglich. Nicht umsonst ist die Anzahl der maximal darstellbaren Audio-Objekte selbst bei großen Atmos-Systemen für Filmtheater nach oben begrenzt.

Auro 3D, Dolby Atmos und DTS:X im Detail

Dolby empfiehlt für den Heimkino-Markt im Großen und Ganzen vier Lautsprecher-Setups (5.1.2, 5.1.4, 7.1.2, 7.1.4). Dabei werden die herkömmlichen 5.1-Kanal und 7.1-Kanal Systeme entweder um zwei beziehungsweise vier Deckenlautsprecher oder sogenannte Dolby Atmos fähige Lautsprechermodule ergänzt. Des Weiteren bedarf es eines Dolby Atmos fähigen AV-Receiver, um in den Genuss des 3D-Sound Formats zu kommen. Dieser dekodiert die zusätzlichen Informationen aus der sogenannten Core-Extension-Struktur der beiden bereits etablierten Codecs TrueHD und Dolby Digital Plus. Auf diese Weise bleibt die Abwärtskompatibilität gewährleistet. Nicht Dolby Atmos fähige Geräte ignorieren die Daten der Core-Extension-Struktur einfach und geben die herkömmliche Mehrkanal-Mischung wieder.
Schema einer 5.1.4 Dolby Atmos Installation

Schema einer 5.1.4 Dolby Atmos Installation mit nach oben abstrahlenden Lautsprechern

Auro Technologies verfolgen mit dem PCM basierten Auro-3D Octopus Codec ein ähnliches Prinzip. Die zusätzlichen Informationen werden auch hier in einer herkömmlichen Surround-Mischung „versteckt“ und nur dann wiedergeben, wenn ein Auro 3D fähiger AV-Receiver sie dekodiert. Das empfohlene Lautsprecher-Setup unterscheidet sich von einer typischen Dolby Atmos Installation insofern, als dass die zusätzlichen Lautsprecher – von dem optionalen Voice-Of-God Kanal einmal abgesehen – jeweils etwas gewinkelt (30°) direkt über den vier normalen Surround-Lautsprechern positioniert werden und nicht direkt von der Decke auf den Zuschauer hinabstrahlen. Im Auro-Sprech nennt sich diese zusätzliche Ebene von Lautsprechern Height-Layer. Auch die Nomenklatur folgt beim belgischen Dolby Konkurrenten einer anderen Logik. Alle zusätzlichen Kanäle werden einfach aufaddiert, sodass sich für Heimkino-Anwendungen im Prinzip von zwei typische Konfigurationen (9.1 oder 10.1 mit dem Voice-Of-God Kanal) ergeben. Das häufig im Zusammenhang mit Auro 3D genannte 11.1 Setup ist eher für Kinoräume interessant. Um die hinteren Plätze adäquat zu beschallen, bekommt der Center-Lautsprecher dann ebenfalls ein Pendant im Height-Layer. Ob und wie gut die jeweiligen Konzepte von Auro Technologies und Dolby in der Praxis miteinander kompatibel sind, wird sich erst noch herausstellen müssen. Wilfried Van Baelen, einer der Köpfe hinter Auro 3D, wies letztes Jahr in einem Interview nicht ohne bissigen Unterton darauf hin, dass Dolby ja besonders betone, wie tolerant Atmos gegenüber dem Lautsprecher-Layout sei und eine solche Mischung deshalb wohl auch sehr gut auf einer Auro 9.1 Installation funktionieren müsse.

Schema einer 9.1 Auro 3D Installation mit Height-Layer aber ohne Voice-Of-God Kanal

Schema einer 10.1 Auro 3D Installation mit Height-Layer und Voice-Of-God Kanal

Bei DTS:X ist die Informationslage zurzeit noch vergleichsweise dünn. Sobald es weitere Details gibt, werden wir diese natürlich nachreichen. Die zur CES 2015 herausgegebene Pressemitteilung legt auf jeden Fall nahe, dass auch bei DTS die Audio-Objekte eine wichtige Rolle spielen werden. Die Kombination selbiger mit kanalbasierten Elementen ist aus oben genannten Gründen ebenfalls anzunehmen. Darüber hinaus zeigt die Vergangenheit, dass sich DTS in der Regel an den Konzepten von Dolby orientiert hat. Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Lautsprecher-Layouts von DTS und den Empfehlungen der Konkurrenz scheint also wahrscheinlich und auch hinsichtlich der Kodierung der zusätzlichen Ton-Informationen sind keine Experimente zu erwarten. Diese werden in den bekannten DTS-HD Codec integriert, sodass auch hier die Abwärtskompatibilität gegeben ist.

Ausblick

DTS hat außerdem angekündigt seine Technologie auch für den Kopfhörer- und TV-Markt verfügbar machen zu wollen. Im letzteren Fall soll sich der Zuschauer beispielsweise bei Sportübertragungen aus verschiedenen Audio-Objekten (Ton von der Seitenlinie, Kommentar, etc. ) einen individuellen Mix gestalten können. Dass das technisch machbar ist, demonstrierte der Hersteller im Rahmen der CES 2015. Ob solche Möglichkeiten tatsächlich auch vom Anwender genutzt werden, ist hingegen eine gänzlich andere Frage. Ähnliche Konzepte gab es bereits in der Vergangenheit, diese konnten sich allerdings nie durchsetzen.

Im Übrigen wäre es wünschenswert, die Hersteller würden in Kooperation mit Produzenten und Industriepartnern vielleicht zunächst für eine flächendeckende Unterstützung der neuen Formate und vor allem die Verfügbarkeit von Inhalten sorgen, anstatt direkt auf die Erschließung weiterer Märkte zu schielen. Kleine Schritte in die richtige Richtung wurden hier bereits getan, aber der Weg ist noch lang. Ob Auro 3D in der Lage sein wird diesen angesichts der mächtigen Konkurrenz bis zum Ende mitzugehen, bleibt trotz der Unterstützung durch die Schwergewichte Denon und Marantz abzuwarten. Eine gewisse Skepsis ist sicherlich nicht unbegründet. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Technologie unabhängig von der tatsächlichen Qualität vor den etablierten Namen der Branche kapitulieren muss.

Update DTS:X

Mit etwa einem Monat Verspätung hat DTS weitere Details zu seinem 3D-Sound Format DTS:X veröffentlicht, das sowohl in Filmtheatern als auch im Heimkino-Bereich zur Anwendung kommen soll. Wie bereits im Vorfeld spekuliert wurde, liegt der Fokus ähnlich wie beim Konkurrenten Dolby ganz eindeutig auf den neuen Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz von Audio-Objekten ergeben. Die zugrundeliegende Technologie trägt den klangvollen Namen Multi-Dimensional Audio (MDA) und schafft den Entwicklern zufolge die Voraussetzung für eine vollkommene Loslösung von der herkömmlichen kanalbasierten Mischung. Ob dieses Potenzial in der Praxis tatsächlich voll genutzt wird oder ob auch DTS:X Mischungen zumindest vorläufig auf einem kanalbasierten „bed“ aufbauen, lässt sich anhand der bisherigen Informationen nicht zweifelsfrei feststellen. Die Presseerklärung sowie einige Kommentare legen den Schluss nahe, dass DTS:X ausschließlich objektbasiert arbeitet. Die Äußerung eines DTS Mitarbeiters auf die Frage nach den Bestandteilen der Tonspur, die im Rahmen des Reddit Q&As letzte Woche aufkam, deutet allerdings etwas anderes an: „The DTS:X residuals include discrete objects, beds and of course metadata.“ Ein angeblich bald verfügbares Whitepaper kann diese Frage hoffentlich abschließend klären. Zum Thema Abwärtskompatibilität äußerte sich DTS bereits jetzt eindeutig. Ebenso wie bei den Konkurrenten Dolby und Auro Technologies werden ältere Codecs auch in Zukunft unterstützt.

Da 3D-Sound für sich genommen inzwischen kein Alleinstellungsmerkmal mehr ist, versucht DTS sich zusätzlich durch vollkommene Flexibilität bei der Wahl und Aufstellung der Lautsprecher zu positionieren. So sollen sich sowohl mit den Auro 3D typischen Höhenlautsprecher als auch mit Deckenlautsprecher und sogar den in Richtung Zimmerdecke abstrahlenden Dolby Atmos Modulen sehr gute Ergebnisse erzielen lassen. Abweichungen von den relativ exakten Installationsvorgaben der Konkurrenz sind laut DTS ebenfalls unproblematisch. Ob und inwieweit die Möglichkeit weitere Lautsprecher-Setups nutzen zu können für den Heimkino-Bereich überhaupt relevant und zweckmäßig ist und wie genau DTS:X letztendlich in die AV-Receiver implementiert wird, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Erste Erfahrungswerte diesbezüglich sind spätestens dann zu erwarten, wenn Denon und Marantz ihre Ankündigung wahr machen und nach dem Auro 3D- sowie dem HDCP 2.2-Upgrade noch in diesem Jahr die DTS:X-Kompatibilität für die beiden Flaggschiffmodelle AVR-X7200 und AV8802 nachrüsten.

Update II:

Inzwischen sind alle 3D-Sound Formate in unserer Vorführung hörbar. Weitere Informationen finden Sie in folgenden Beiträgen:

  • DTS:X in unserer Vorführung
  • Vergleichen Sie Dolby Atmos und Auro 3D in unserer Vorführung
  • Update III:

    Hier finden Sie unsere Lautsprecher-Empfehlungen für Ihre Dolby Atmos, DTS:X oder Auro 3D Installation.



    6 Antworten auf „3D-Sound im Überblick: Auro 3D, Dolby Atmos und DTS:X“

    1. Burkhard Gueffroy am

      Hallo,

      bei einem Auro 3D 10.1 Lautsprecher Layout verbinde ich den VOG mit welchem Lautsprecherausgang an meinem A/V-Receiver bzw. meinem A/V-Verstärker?

      Mit freundlichen Grüßen
      Burkhard Gueffroy

      Antworten
      • Florian am

        Hallo Burkhard,

        das kommt darauf an, welcher AV-Receiver zum Einsatz kommt. Als Beispiel findest du nachfolgend einen Link zu der entsprechenden Konfiguration bei einem Denon AVR-X7200.
        Du musst bis fast nach ganz unten scrollen. Es ist der vorletzte Abschnitt, direkt über “Connecting an external power amplifier”.

        http://manuals.denon.com/avrx7200w/na/en/BIAJSYjhudqdih.php

        Viele Grüße
        Florian

        Antworten
    2. Kevin Mühle am

      Guten Tag,
      um eine 5.1.5 mit dem Denon x7200 zu erreichen brauche ich einen Stereo Verstärker Richtig ?? Welche endstufe würden Sie empfehlen?? Wäre z.B der Denon PMA520AE geignet hierfür ??

      Antworten
      • Florian am

        Hallo Herr Mühle, man kann den Denon PMA520AE theoretisch dafür verwenden, allerdings würde eine reine Endstufe ja ausreichen. Ein spontaner Tipp wäre zum Beispiel die Pro-Ject Amp Box RS. Viele Grüße!

        Antworten
    3. Städtler am

      Hallo

      Was für einen LS empfehlen Sie für die VoG einen Center oder eine Regalbox kann bei mir leider nur eine mit höchstens 20cm anbringen. Habe ein Klipsch system mit RF7, RC 64, RF 82, RB 81 2x,
      Danke

      Antworten
      • Florian am

        Hallo, vielen Dank für den Kommentar. Wir haben im Bereich Heimkino Sound einige Produkte für solche Fälle. Einfach mal unter Wandaufbaulautsprecher und Center-Lautsprecher schauen. Alternativ kann gegebenenfalls auch eine Einbaulösung das Mittel der Wahl sein. Viele Grüße!

        Antworten

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