TV oder Projektor?

Ab und zu begegnet man ihnen noch. Röhrenfernseher sind klobig, oft kleinformatig und wirken wie aus der Zeit gefallen. Bei manchen leisten sie möglicherweise noch als Zweit- oder Drittgerät ihren Dienst, andere begegnen ihnen höchstens beim Trödel um die Ecke, wo sie dann stillschweigend ihr Dasein fristen. „Draußen“ liefern sich währenddessen ihre modernen Nachfolger seit Jahren ein Wettrennen um Funktionalität, Design und Bildschirmgröße. Befeuert wird dieser Trend von den Heimkino-Ambitionen vieler Kunden, die sich – egal ob Sportereignis, Zockerabend oder Blockbuster – das perfekte Mittendrin-Erlebnis nach Hause holen möchten. Während dieses Versprechen bisher scheinbar nur von einer Projektor-Leinwand-Kombination eingelöst werden konnte, kann es sich inzwischen lohnen abzuwägen: Großer Fernseher oder Projektor?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, geben wir zunächst einen Überblick über die gängigen Technologien zur Bilderzeugung in beiden Gerätekategorien. In einem zweiten Schritt stehen dann Überlegungen hinsichtlich der Ausstattung und des Nutzungsverhaltens im Vordergrund, denn diese Aspekte sind möglicherweise am Ende viel entscheidender, als der ursprüngliche Wunsch nach einer großen Bilddiagonale. Schließlich ergeben sich Empfehlungen für die eine oder andere Variante.

TV – Die Technik

Aktuelle Smart TVs sind zurzeit in aller Regel mit sogenannten LED-Bildschirmen ausgestattet. Die Abkürzung LED steht für „light-emitting diode“ und erscheint zunächst etwas irreführend, handelt es sich doch genau genommen um Flüssigkristallanzeigen, also „liquid crystal displays“ (LCDs). Dass die Bezeichnung trotzdem zutreffend ist, ergibt sich erst auf den zweiten Blick. Die Kristalle fungieren lediglich als Filter und geben selbst kein Licht ab, sodass das Panel also zusätzlich beleuchtet werden muss. Während zu diesem Zweck bis vor einigen Jahren noch Kaltkathodenröhren verbaut wurden, übernehmen inzwischen LEDs diese Aufgabe. Um auf diesen technologischen Wechsel aufmerksam zu machen, hat sich herstellerübergreifend der Verweis auf die LED-Beleuchtung durchgesetzt und das aus gutem Grund. Sie ermöglicht eine kompaktere Bauweise und sorgt für eine gesteigerte Energieeffizienz bei gleichzeitig längerer Lebensdauer sowie höherer Zuverlässigkeit. Damit sind LED-Bildschirme prädestiniert für besonders große Displays sowie besonders hohe Auflösungen. Und tatsächlich bietet eine Vielzahl von Modellen bereits die Möglichkeit natives Material in Ultra-HD mit einer Auflösung von 4K wiederzugeben, während niedriger aufgelöste Inhalte via Upscaling entsprechend angepasst werden. Wie wichtig in diesem Zusammenhang gerade das Argument der Energieeffizienz ist, zeigt ein Blick auf die Marktposition der Plasmafernseher. Als alternative Technologie spielen sie quasi keine Rolle mehr, da riesige Panels mit vielen Bildpunkten den Stromverbrauch unverhältnismäßig in die Höhe treiben würden.

Heimkino mit Fernseher? So könnte das gehen.

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Projektoren – Die Technik

Bei den Projektoren ist die technologische Vielfalt deutlich größer. Wir konzentrieren uns auf die wichtigsten Lösungsansätze für Heimanwender und beginnen mit den DLP-Projektoren. Diese Projektionstechnik – die Abkürzung steht übrigens für „Digital Light Processing“ – setzt sich aus drei zentralen Elementen zusammen: Projektorlampe, Farbrad und Digital Micromirror Device (DMD). Bei dem Digital Micromirror Device handelt es sich um einen integrierten Schaltkreis, auf dessen Oberfläche eine große Menge sehr kleiner Spiegel angebracht ist. Jeder dieser Spiegel repräsentiert einen Bildpunkt und ist durch einen elektrostatischen Impuls kippbar. Dabei gibt es de facto nur zwei Kippzustände zwischen denen umgeschaltet wird, entweder wird das Licht reflektiert oder es wird nicht reflektiert. Die Regulierung der Helligkeit einzelner Bildelemente ergibt sich aus Variationen bei der Dauer der Kipp-Intervalle. Seltene Umschaltungen führen zu größerer Helligkeit, schnelle Umschaltungen bis zu 5000 Mal pro Sekunde ergeben entsprechend dunklere Bildpunkte.

Noch bevor es auf die Spiegel trifft, passiert das Licht ein sich schnell drehendes Farbrad, das mindestens drei Abschnitte entsprechend der Grundfarben besitzt. Für eine bessere Farbdarstellung werden dem Rad inzwischen häufig weitere Farbsegmente hinzugefügt, deren Farbtöne und Größen sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden. Der fertige Bildeindruck ergibt sich schließlich aus der Umdrehungsgeschwindigkeit des Rades, dem Kippen der Spiegel sowie der Trägheit des menschlichen Auges. Neben der Variante mit nur einem Digital Micromirror Device, gibt es Modelle mit drei Chips, die dann insgesamt etwas anders aufgebaut sind. Aufgrund des hohen Preises eher für professionelle Anwendungen bestimmt, sollen sie hier nur ergänzend erwähnt werden.

Durchaus verbreitet wiederum ist auch bei Projektoren der Einsatz von LC-Displays, häufig sind hier sogar gleich drei solcher Displays am Werk. Ist das der Fall werden die Modelle auch entsprechend mit der Abkürzung „3LCD“ beworben. Wieder wird das Licht von einer Projektorlampe erzeugt und dann mithilfe dichroitischer Spiegel, die nur bestimmte Farbanteile reflektieren, in die drei Grundfarben aufgespaltet. Im nächsten Schritt werden die Lichtanteile durch jeweils eine der drei Flüssigkristallanzeigen gefiltert. Der finale Bildeindruck entsteht erneut mithilfe dichroitischer Spiegel in Form eines Prismas, das die gefilterten Farbanteile wieder zusammensetzt. Im Gegensatz zur DLP-Technologie entstehen die Farben hier gleichzeitig und nicht nacheinander.

Das gilt ebenso für die letzte hier vorgestellte Methode, die vereinfacht gesagt eine Mischung der beiden vorherigen darstellt. Die LCoS-Technik (Liquid Crystal on Silicon) findet man häufig in teuren Geräten, auf ihr basieren Ultra-HD fähige Modelle derzeit überwiegend. LCoS-Projektoren sind ebenfalls mit LCDs ausgestattet, diese sind aber, ähnlich der Spiegel eines DMDs, als Mikrodisplays auf einem Chip ausgeführt. Wie oben beschrieben wird auch hier zunächst das Licht in seine Grundfarben zerlegt und trifft dann auf jeweils einen LCoS-Chip. Wieder fungieren die LC-Mikrodisplays als Filter und eine reflektierende Elektrodenschicht unter jedem der LCDs wirft das Licht zurück. Nach der Zusammenführung durch ein dichroitisches Prisma entsteht das fertige Bild. Bei der Vermarktung setzen die Hersteller auf unterschiedliche Bezeichnung. Halten Sie gegebenenfalls nach Begriffen wie SXRD, D-ILA oder DLA Ausschau.

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TV oder Projektor – Was für wen?

Anders als bei den Fernsehern bei denen sich momentan hauptsächlich eine Technologie etabliert hat, bringen die drei vorgestellten Projektortypen jeweils spezifische Vorzüge und Probleme mit sich. Diese pauschal zu benennen ist aber nur bedingt sinnvoll, da die Bewertung je nach Hersteller, Gerätegeneration, Budget und Verwendungszweck durchaus unterschiedlich ausfallen kann. Hier sollte man sich vorher gut informieren und gegebenenfalls verschiedene Alternativen ausprobieren. Wir wollen an dieser Stelle lediglich festhalten, dass die Wahl des passenden Projektors durch diese zusätzliche Ebene nicht gerade erleichtert wird, während konkurrenzfähige TV-Geräte in aller Regel als LCD/LED-Kombination ausgeführt sind, sodass es diesbezüglich nicht viel zu überlegen gibt.

Auch unter anderen Gesichtspunkten scheint es sich bei den Großfernsehern um die einfachere und universeller einsetzbare Option zu handeln. In Anbetracht der Preisklasse kann man davon ausgehen, dass nicht nur die Bildschirmgröße, sondern auch die Bildqualität sehr gut ist. Abgesehen von Situationen mit extremer Sonneneinstrahlung gilt das für die Tag- und Nachtzeit gleichermaßen. Die Projektortechnik für den privaten Markt hat in dieser Hinsicht große Schritte getan, trotzdem muss das Licht vom Projektor zuerst auf die Leinwand gelangen, um von dort aus zum Auge reflektiert zu werden. Dieser zusätzliche Weg stellt vor allem unter Tageslichtbedingungen eine physikalische Herausforderung dar, der sich der Fernseher nicht zu stellen braucht. Auf der anderen Seite muss man natürlich konstatieren: Bei „guten“ Lichtverhältnissen können performante Projektoren inzwischen hervorragende Bilder erzeugen. Steht dann noch genügend Platz zur Verfügung, gibt es keinen Fernseher, der mit den zu erreichenden Bilddimensionen mithalten kann.

Wie bereits angedeutet sind aber besonders Ultra-HD Projektoren leider derzeit noch sehr kostspielig. Sofern dieses Feature gewünscht ist, Preis-/Leistungsüberlegungen aber trotzdem eine Rolle spielen, sollte man sich vor Augen führen, dass es mit der Anschaffung eines Projektors alleine oft nicht getan ist. Da wären zunächst die Instandhaltungskosten für das Gerät selbst. Je nach Nutzungsintensität wird von Zeit zu Zeit ein Wechsel des Leuchtmittels fällig, der abhängig vom verwendeten Modell mehrere hundert Euro verschlingen kann. Des Weiteren sollte man auf eine Leinwand nicht verzichten, die natürlich ebenfalls extra zu Buche schlägt. Die Anschaffung empfiehlt sich, da die nackte Wand sowie andere Behelfslösungen in der Regel zu viel Licht schlucken und die teuer erkaufte Projektionsqualität unnötig schmälern. Abhängig von den eigenen Ansprüchen an Atmosphäre, Ausstattung und Bedienkomfort, gibt es weitere Aspekte zu bedenken. Soll der Projektor nicht mitten im Raum stehen, bietet sich eine Überkopf-Aufhängung an. Diese muss aber erst einmal montiert und bestenfalls unauffällig verkabelt werden. Möglicherweise ist es das erklärte Ziel mehrere Zuspieloptionen – Computer, Blu-ray Player, Satellitenschüssel, Spielekonsole, … – zu integrieren, ein Surround-System anzusteuern oder ein Multiroon-Netzwerk aufzubauen. Als Schnittstelle für allerlei ein- und ausgehende Audio- und Videosignale ist ein AV-Receiver dann quasi unerlässlich und auch hier hat Qualität ihren Preis.

Das moderne Smart TV hingegen ist dank leistungsstarker Prozessoren und zahlreicher Anschlüsse für die Umsetzung solcher Szenarien oft auch ohne ergänzende Anschaffungen schon sehr gut ausgestattet. Der Tuner für den obligatorischen TV-Empfang ist integriert, eine Vielzahl externer Speichermedien und Zuspielgeräte lassen sich direkt über USB oder HDMI anschließen und eine Aufnahmefunktion ist ebenfalls vorhanden. Via Internetverbindung können Sie auf Apps, Webseiten und andere Angebote zugreifen, während Streaming-Portale für frisches Film- und Serienfutter aus dem Netz sorgen. Interne Lautsprecher liefern zwar kaum die Soundkulisse für große Kinomomente, sind aber zumindest vorhanden, wenn etwa beim nächtlichen Zapping gerade einmal kein imposanter Surround-Sound gewünscht ist. Und wenn doch, dann gibt es auch ohne externen AV-Receiver diverse Optionen guten Sound zu realisieren.

Schlussgedanken

So ist es am Ende wie immer ratsam sich über die eigenen Vorstellungen klar zu werden, bevor man sich für die eine oder andere Alternative entscheidet. Aktuelle Fernseher mit einer Bilddiagonale von über 60, 70 oder sogar 80 Zoll sind, wenn man noch einmal an die eingangs erwähnten Röhrenfernseher zurückdenkt, riesig und beeindruckend. Wem das zu wenig ist oder wer eine spezifische Anwendung im Sinn hat, wird möglicherweise trotzdem eine Projektor basierte Lösung vorziehen. Vielleicht lässt es sich daher am besten so zusammenfassen: Nicht umsonst existiert die Trennung zwischen „TV“ und „Heimkino“. Während letzteres ein Projekt für Enthusiasten ist, nahezu unendliche Gestaltungsspielräume bietet und gerade nicht für das Alltägliche, sondern für das besondere Moment steht, bekommt man mit dem TV-Gerät das Rundum-Sorglos-Paket inklusive tollem Bild, hervorragender Ausstattung und bester Alltagstauglichkeit. Die Ambitionen sind hier groß, aber die Trennung existiert eben doch (noch).



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