Kleine Verstärkerkunde – Klasse A, Klasse B, Klasse AB, Klasse D

In Produktbeschreibungen, Artikeln und Diskussionen stößt man immer wieder auf die sogenannten Verstärkerklassen, die Aufschluss über die grundlegende Arbeitsweise der jeweiligen Schaltung geben sollen. Aber was hat des damit genau auf sich? Warum gibt es überhaupt unterschiedliche Klassen? Und welche Vorteile und Nachteile bringen sie mit sich? Wir haben uns die wohl bekanntesten Vertreter– die Klassen A, B, AB und D – einmal näher angesehen und sind diesen Fragen auf den Grund gegangen.

Transistoren

Bevor wir uns auf die Verstärkerklassen im Einzelnen stürzen, benötigen wir zunächst einige Kenntnisse über das elektronische Bauteil, das für die Signalverstärkung zuständig ist. In der Regel handelt es sich dabei heute um Transistoren und wir beschränken uns in diesem Artikel auf die Betrachtung selbiger, obwohl natürlich nach wie vor auch Röhren zu diesem Zweck verbaut werden.

Ein Transistor ist im Prinzip ein elektronisch arbeitender Schalter, dessen Schaltfunktion auf der Halbleitertechnologie basiert. Die üblicherweise mechanische Komponente eines Schalters wird bei einem Transistor durch das Halbleitermaterial ersetzt, dessen Leitfähigkeit durch ein Steuersignal – zum Beispiel eine anliegende Spannung – beeinflusst werden kann. Der Übergang zwischen den beiden Schaltzuständen „gar nicht elektrisch leitend“ (Sperrbereich) oder „vollständig elektrisch leitend“ (Sättigungsbereich) erfolgt dabei stufenlos, sodass das Halbleitermaterial abhängig von der Stärke des Steuersignals auch beliebige Zwischenzustände teilweiser Leitfähigkeit annehmen kann (Verstärkerbereich). Auf diese Weise lässt sich nun ein durch den Transistor fließender Leistungsstrom kontrollieren.

Aufbau eines bipolaren npn-Transistors

Bei der Verstärkung von Musik ist es das Audiosignal, das als Steuerspannung an der Basis des Transistors anliegt und den Fluss des aufbereiteten Steckdosenstroms beeinträchtigt beziehungsweise begünstigt. Der oben dargestellte npn-Transistor ist jedoch ohne weitere Maßnahmen gleich aus zwei Gründen nur bedingt für die Verstärkung eines Audiosignals geeignet. Zum einen stellt sich die Leitfähigkeit des Halbleitermaterials nur dann ein, wenn eine positive Steuerspannung anliegt. Da das Audiosignal jedoch auf Wechselspannung basiert, würde es in der Konsequenz nur unvollständig verstärkt und es käme zu unerwünschten Verzerrungen. Zum anderen besitzt jedes Halbleitermaterial einen physikalisch bedingten Schwellwert, den das Steuersignal überschreiten muss, bevor der Transistor tatsächlich aus dem Sperrbereich in den Verstärkerbereich übergeht. Zusätzliche Fehler bei der Verstärkung wären die Folge und das eigentliche Ziel – eine möglichst verzerrungsarme Übersetzung des Musiksignals – wäre so unmöglich. Zur Lösung dieser Probleme existiert nun eine Reihe verschiedener Ansätze, die anhand der Verstärkerklassen unterschieden werden.

Klasse A

Eine entscheidende Rolle kommt im Klasse A Betrieb dem sogenannten Arbeitspunkt des Transistors zu. Dieser beschreibt quasi den neutralen Zustand des Bauteils, der immer dann herrscht, wenn gerade kein Audiosignal an der Basis anliegt. Normalerweise liegt der Arbeitspunkt also im Sperrbereich des Transistors. Legt man nun allerdings einen fest justierten Gleichstrom (Ruhestrom) an der Basis an, lässt sich der Arbeitspunkt in Abhängigkeit von der Stärke dieses Gleichstroms theoretisch an einen beliebigen Punkt über den gesamten Arbeitsbereich des Transistors „verschieben“. So wird dieser während des Betriebes bis zu einem gewissen Grad dauerhaft leitfähig gehalten.

Im Klasse A Betrieb liegt der Arbeitspunkt etwa in der Mitte zwischen Sperr- und Sättigungsbereich des Transistors. Auf diese Weise wird nicht nur der Schwellwert von vornherein überschritten, was bereits für sich genommen einen positiven Einfluss auf die Qualität des verstärkten Signals hat, es besteht darüber hinaus die Möglichkeit nur ein aktives Bauteil (Single-Ended-Schaltung) für die Verstärkung zu verwenden. Insgesamt gelten Klasse A Verstärker – ob Single-Ended ausgeführt oder nicht – als besonders verzerrungsarm. Der entscheidende Nachteil dieser Variante ist die geringe Effizienz. Aus der ständigen Leitfähigkeit des Transistors resultieren natürlich ein ununterbrochener Fluss des Leistungsstroms und damit einhergehend eine hohe Wärmeentwicklung.

Arbeitspunkt im Klasse A Betrieb

Klasse B

Diese Betriebsart unterscheidet sich dadurch von Klasse A, dass keine Manipulation des Arbeitspunktes stattfindet und dieser somit im Sperrbereich des Transistors liegt. Um trotzdem die Verstärkung des vollständigen Signals zu gewährleisten, bedarf es im Klasse B Betrieb unbedingt einer so genannten Gegentakt- oder Push-Pull-Schaltung. Dabei wird der bipolare npn-Transistor um einen weiteren Halbleiter mit umgekehrter Polarität (pnp) ergänzt und das Audiosignal vor der Verstärkung in die positive und negative Halbwelle aufgesplittet. Im Anschluss werden die verstärkten Signalanteile wiedervereint. Auch diese Variante hat selbstverständlich Vor- und Nachteile. Zunächst führt die nicht gelöste Schwellwert-Problematik bei der Verstärkung der jeweiligen Halbwelle zu unerwünschten Verzerrungen. Außerdem machen das Signalsplitting und die zwei niemals exakt gleich arbeitenden Transistoren die Schaltung insgesamt komplexer und weniger geradlinig, als etwa eine Single-Ended-Lösung. Andererseits ist die Effizienz erheblich größer und die Abwärme dementsprechend niedriger. Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die Kombination aus Klasse B Betrieb und Push-Pull-Schaltung im HiFi-Bereich nicht durchsetzen konnte.

Aufbau eines bipolaren pnp-Transistors

Klasse AB

Wesentlich häufiger trifft man dagegen Verstärker der Klasse AB an, die Elemente der bereits bekannten Klassen A und B in sich vereinen und die Push-Pull-Schaltung mit einer Verschiebung des Arbeitspunktes kombinieren. So liegen in diesem Fall an den Basen der Transistoren nur geringe Ruheströme an, die gerade groß genug sind, um Verzerrungen aufgrund der Schwellwert-Problematik für die jeweils einzeln verstärkten Halbwellen (siehe Klasse B) zu verringern. Im Ergebnis liefert der Klasse AB Betrieb einen guten Kompromiss aus verzerrungsarmer und gleichzeitig effizienter Verstärkung.

Arbeitspunkt im Klasse AB Betrieb
Klasse D

Ebenfalls weit verbreitet sind inzwischen Verstärker der Klasse D, die auch Schalt- oder Digitalverstärker genannt werden. Letztere Bezeichnung ist zwar in gewisser Weise nachvollziehbar, da die Arbeitsweise solcher Schaltverstärker Prinzip bedingt an die digitale Verarbeitung eines Audiosignals erinnert und der Schaltvorgang in manchen Geräten sogar digital gesteuert wird, jedoch treibt natürlich auch im Klasse D Betrieb letztendlich ein analoges Signal den Lautsprecher an. Eine zentrale Rolle spielt bei der Klasse D Verstärkung der sogenannte Komparator, der die Spannung des Audiosignals mit der eines in gleichmäßig hohem Takt erzeugten Dreiecksignals vergleicht. Die Taktrate kann dabei zwischen mehreren hundert Kilohertz und einigen Megahertz liegen. Ein Schaltvorgang des Transistors wird immer bei solchen Taktschritt ausgelöst, in denen die Spannung des einen Signals die Spannung des jeweils anderen Signals übersteigt bzw. darunter fällt. Dabei wechselt der Transistor ausschließlich zwischen den beiden Extremzustände Sperrbereich und Sättigungsbereich, sodass der bei den bisherigen Klassen so wichtige Verstärkerbereich hier praktisch keine Rolle mehr spielt. Im Anschluss an den Schaltverstärker liegt nun zunächst ein pulsbreitenmoduliertes Rechtecksignal vor, das abschließend mittels eines Filters in das – nun verstärkte – Audiosignal transformiert wird. Klasse D Verstärker zeichnen sich durch ihre enorme hohe Effizienz aus, können daher sehr klein und platzsparend gebaut werden und kommen in allen erdenklichen Geräten vom Mobiltelefon bis zur HiFi-Anlage zum Einsatz. Entscheidend für die Qualität ist ein gutes Schaltungs- und Filterdesign, sodass Verzerrungen und Interferenzen minimiert werden, die aufgrund der hochfrequenten Umschaltung entstehen können.

Klasse D Betrieb Übersicht

Schlusswort

Damit sind wir am Ende unseres kleinen Überblicks angekommen. Wer sich auf die Suche begibt, findet noch eine Reihe weiterer Verstärkerklassen deren Relevanz für den Audio- bzw. HiFi-Bereich allerdings vernachlässigbar ist. Bei dem oben abgebildeten Accuphase E-600 handelt es sich übrigens um einen Klasse A Verstärker, dessen Leistungsaufnahme im Leerlauf mit immerhin 160 Watt beziffert ist.



5 Antworten auf „Kleine Verstärkerkunde – Klasse A, Klasse B, Klasse AB, Klasse D“

  1. Moti am

    Hallo,
    habe sie auch Information zum Class E Verstärker.
    Es gibt sehr Wenig Informationen dazu.

    Mit freundlichen Grüßen

    Moti

    Antworten
    • Elisa am

      Hallo und danke für Ihren Kommentar.
      Sie haben ganz recht, dass es dazu swehr wenige Informationen gibt. Das liegt daran, dass Klasse-E-Verstärker nicht sonderlich weit verbreitet sind. Wir haben nur die gängigen Klassifizierungen im Artikel beleuchtet, da diese die größe Anwendung finden. Im Prinzip bündeln Klasse-E-Verstärker die Elemente derer von D und C in sich, aber das wissen Sie vermutlich schon.
      Im Internet findet sich allerdings eine Bachelor-Arbeit zu dem Verstärker, die Ihre Fragen hoffentlich beantworten wird.
      Herzliche Grüße
      Elisa Scholze-Starke

      Antworten
  2. Zoey am

    Ich habe den Artikel zufällig gefunden und bin sehr glücklich darüber :) es hat mir sehr geholfen, also vielen Dank.

    Antworten
  3. Franz Vilter am

    Habe mit lm 3886 eine endstufe aufgebaut.KlangbilD weit angenehmer als D endstufe crown xls 1000.werde mit a schaltungen weiterarbeiten

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